
AvD fordert Fokus auf bezahlbare individuelle Mobilität
Der Automobilclub von Deutschland (AvD) mahnt an, die Bedürfnisse der Autofahrer nicht aus dem Blick zu verlieren.
- Autogipfel muss Interessen der privaten Fahrer berücksichtigen
- Verbrennungsmotoren auch nach 2035 relevant
- E-Fuels für Bestandsflotte fördern
Die Lage in der deutschen Automobilindustrie wird von deren Verbänden und Industrievertretern als bedrohlich angesehen. Bundeskanzler Friedrich Merz hat für den 9. Oktober zu einem zweistündigen Gespräch über die Zukunft der Branche eingeladen. Teilnehmen werden neben Verantwortlichen der Hersteller auch Repräsentanten von Zulieferern, Verbands- und Arbeitnehmerkreisen sowie Ministerpräsidenten betroffener Bundesländer. Der Automobilclub von Deutschland (AvD) mahnt dabei an, die Bedürfnisse der Autofahrer nicht aus dem Blick zu verlieren.
Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotor in Deutschland haben im zugelassenen Bestand einen Anteil von über 95 Prozent. Das Durchschnittsalter der privaten Pkw liegt laut KBA bei fast 11 Jahren, und das bei immer noch wachsender Gesamtzahl. Die privat zur Bewältigung der täglichen Wege genutzten Wagen sind also gebraucht. Die vielen Millionen Pendler können sich teure Neuwagen, die politisch gewünscht E-Fahrzeuge sein sollen, schlicht nicht leisten. Noch weit in die 2030er Jahre wird die individuelle Mobilität davon geprägt sein. Aber selbst wenn ab sofort ausschließlich E-Autos verkauft würden, bräuchte es mindestens 15 Jahre, um den Bestand zu erneuern.
Der AvD will deshalb das Potenzial von Verbrennermotoren, inklusive dem Einsatz von Hybridtechnologie, bei der künftigen Mobilität berücksichtigt sehen. Dabei sollten E-Fuels, also aus erneuerbarem Strom, Wasser und CO₂ produzierte Flüssigkraftstoffe, eine wichtige Rolle spielen. Der größte Vorteil ist, dass sie sich in bestehenden Motoren und Tankstelleninfrastrukturen nutzen lassen, ohne dass Fahrzeuge umgerüstet werden müssen. Für deren Weiterentwicklung und Verbreitung sind finanzielle Anreize zu setzen, um das große Potenzial für eine signifikante Verringerung von Treibhausgasemissionen voll auszuschöpfen. Die Industrie arbeitet schon an digitalen E-Fuels, die bei Produktion und Verbreitung transparent überwacht werden können.
AvD Präsident Lutz Leif Linden: „Wenn wir CO₂ wirklich reduzieren wollen, müssen wir den Altbestand einbeziehen. Es geht nicht nur um Neuwagen. Ein wichtiger Baustein sind Steuerbefreiungen für CO₂-neutrale Kraftstoffe: Sie könnten sofort Milliardeninvestitionen auslösen. Zudem ist ein Ausgleich für Gering- und Normalverdiener bei der ab 2027 geplanten CO₂-Steuer auf Kraftstoffe vorzusehen.
Das geplante EU-weite Verbot neuer Verbrenner ab 2035 ist weltfremd. Den deutschen Standort sichert man am besten, indem hier Fahrzeuge produziert werden, die weltweit für jeden Einsatzzweck geeignet sind.”
Der AvD prognostiziert in zwanzig Jahren einen Antriebsmix auf den deutschen Straßen: rund 45 Prozent batterieelektrische Fahrzeuge, etwa 50 Prozent Verbrenner – betrieben mit E-Fuels oder anderen CO₂-neutralen Kraftstoffen – und wahrscheinlich auch einen kleinen Anteil Wasserstoff.
Wichtig ist ein fairer Wettbewerb der Ideen, in dem Industrie und Forschung frei entscheiden können, welche Lösungen sich am Ende durchsetzen. Dabei spielen machbare Flottengrenzwerte und die Rücksichtnahme auf die Möglichkeiten und Bedürfnisse von Verbrauchern eine große Rolle. Die deutsche und europäische Automobilindustrie ist deshalb auf politische Rahmenbedingungen angewiesen, die Arbeitsplätze und Wertschöpfung sichern, zum Nutzen von Klima, Wirtschaft und Verbrauchern gleichermaßen. Der Autogipfel sollte den Weg dazu weisen. Bundeskanzler Merz hat mit seiner Forderung für mehr Technologieoffenheit eine gute Grundlage für die anstehenden Gespräche bereitet.
Veröffentlicht am 07.10.2025 in Rund ums Auto.
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