AvD wendet sich gegen EU-Pläne zum Führerschein
Die geplanten Verbote sind weder mit Fakten unterlegbar noch spiegeln sie die Lebenswirklichkeit weiter Teile der Bevölkerung wider.
- Sowohl ältere als auch junge Fahrer werden diskriminiert
- Vorschläge zeigen ideologische Vorbehalte gegen Autofahren
- AvD setzt sich für bezahlbare individuelle Mobilität ein
Der Automobilclub von Deutschland (AvD) wendet sich mit Entschiedenheit gegen die Vorschläge in einem Bericht zur Überarbeitung des EU-Führerscheinsystems. Die zuständige Berichterstatterin im EU-Parlament, die Grünen-Abgeordnete Karima Delli, hatte weitreichende Empfehlungen zur Neufassung der bestehenden Richtlinie vorgelegt.
Grünen-EU-Parlamentarierin Delli spricht sich u. a. dafür aus, eine neue Führerscheinkategorie – Kategorie B+ für Autos mit einem Gewicht über 1,8 Tonnen – zu schaffen, die Bewerber nach einer zweijährigen Probezeit ab dem 21. Lebensjahr erhalten können. Darüber hinaus will sie je nach Führerscheinkategorie europaweit zulässige Höchstgeschwindigkeiten für die Klassen einführen. Fahranfänger dürften dann maximal 90 km/h und nachts überhaupt nicht fahren und müssten sich einer zweiten Prüfung nach der Probezeit unterziehen – bei Abschaffung des begleiteten Fahrens. Ab einem Alter von 60 Jahren sollen verpflichtende Fahreignungsuntersuchungen vor Ausstellung eines neuen Führerscheins mit deutlich verkürzter Gültigkeit nachgewiesen werden.
AvD-Generalsekretär Lutz Leif Linden: „Auch wenn sich mittlerweile die deutschen Parteifreunde von Frau Delli distanziert haben, wird die ideologische Verbohrtheit von Gegnern individueller Mobilität mit Kraftfahrzeugen deutlich. Die Vorschläge zeigen einmal mehr, dass mit allen Mitteln das Auto abgeschafft werden soll. Die geplanten Verbote sind weder mit Fakten unterlegbar noch spiegeln sie die Lebenswirklichkeit weiter Teile der Bevölkerung wider.“
AvD hält den Ansatz bei jungen Fahrern für verfehlt
Junge Fahranfänger haben im Verhältnis zu ihrem Anteil an allen Führerscheininhabern ein deutlich erhöhtes Risiko für Unfälle. Trotzdem hält der AvD den von Frau Delli gewählten Ansatz für verfehlt. Angesichts der Tatsache, dass über 55 Millionen Menschen keinen ausreichenden Anschluss an öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) haben, bedeuten das Nachtfahrverbot eine nicht zu rechtfertigende Einschränkung der Mobilität junger Menschen. Der AvD erachtet dagegen das Begleitete Fahren ab 17 als ein sinnvolles Angebot zur Erhöhung der Verkehrssicherheit unter Fahranfängern. Bei jungen Fahrern hat das Begleitete Fahren nachweislich die Fahrkompetenz verbessert und für einen signifikanten Rückgang der Unfallbeteiligung insgesamt sowie bei schweren Unfällen im Besonderen gesorgt. Zudem müssen die Kosten der Ausbildung für Fahranfänger bezahlbar bleiben. Zusammen mit einer zweiten Prüfung würden sie bei Umsetzung deutlich steigen.
Ältere Menschen werden diskriminiert
Die schon länger diskutierten Einschränkungen für ältere Kraftfahrer lehnt der AvD mit Entschiedenheit ab. Ältere Menschen sind seltener in Verkehrsunfälle verstrickt, wie auch das Statistische Bundesamt kürzlich wieder feststellte. Der AvD teilt deshalb die Meinung von Bundesverkehrsminister Dr. Wissing, dass anlasslose verbindliche staatliche Untersuchungen faktisch nicht zu rechtfertigen sind. Wer seine Fahrtüchtigkeit überprüfen will, kann sich freiwillig bei Fahrschulen und den entsprechenden Diensten der Prüforganisationen anmelden. Schon nach gesetzlichen Vorschriften ist jeder Fahrer vor Fahrtantritt dazu verpflichtet, unabhängig vom Alter einzuschätzen, ob das Fahrzeug sicher geführt werden kann.
Mit einer Pflicht zu medizinischen Untersuchungen bei der Verlängerung des Führerscheins werden für Fahrer ab dem sechzigsten Lebensjahr hohe Hürden aufgebaut. Für den AvD stellt dies eine Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres Alters dar. Hinzu kommen die Kosten: regelmäßig zu absolvierende Begutachtungen müssen die Betroffenen aus eigener Tasche bezahlen. Für Rentner, die ohnehin nur über ein beschränktes Budget verfügen, bedeutet das im Einzelfall häufig zu stemmende finanzielle Zusatzlast.
1,8-Tonnen-Grenze der Klasse B torpediert Elektromobilität
Mit Blick auf die Gewichtsgrenzen von Fahrzeugen in der Klasse B setzt sich der AvD mit vielen anderen für deren Anhebung ein. Kraftfahrzeuge mit elektrischem Antrieb sind schwerer als solche mit Verbrennungsmotor. Nach Auffassung des AvD würde der Vorschlag von Frau Delli dazu führen, dass die Elektrifizierung der Antriebe durch die zusätzlichen Anforderungen an den Führerscheinerwerb ab 1,8 Tonnen deutlich erschwert wird. Der Versuch, mit Führerscheinvorschriften Klimapolitik zu machen ist vollkommen untauglich.
Der AvD ruft alle politischen Verantwortlichen dazu auf, die Änderungen der europäischen Führerscheinrichtlinie in vernünftige Bahnen zurückzuführen.
Veröffentlicht am 10.10.2023 in Verkehrsrecht.